Ich muss lernen, empathischer zu sein. Das habe ich schon von mehreren Führungskräften gehört, die von ihren Chefs zu mir geschickt wurden. Empathie ist eine tolle Sache, um Vertrauen und Beziehungen aufzubauen. Viele denken aber, dass mitfühlend und gut gemeint gleichbedeutend sind mit Empathie. Doch das stimmt nicht. Wie Empathie funktioniert und wie nicht, erfährst du hier.
Nicht-empathisch: von sich selbst erzählen
Stellen wir uns vor, ein Freund kommt zu mir und sagt: „Oh man, mein Kollege ist so ein Depp! Was für ein mieser Typ!“ Eine nicht-empathische Reaktion ist:
„Oh ja, das kenne ich auch. Mein Kollege ist genau so.“
Viele Menschen erzählen direkt von sich selbst. Der andere gibt etwas von sich preis, doch statt hinzuschauen und nachzufragen, bringen sie ihre eigene Anekdote und ihre eigene Geschichte zum Gesprächsthema. Sie denken, das wäre mitfühlend, weil sie damit das unterstreichen, was der andere sagt. Das ist es aber nicht.
Nicht-empathisch: die eigene Meinung
Unser Gegenüber erzählt uns von seinem Kollegen und ich antworte:
„Echt? Ich fand den Kollegen ganz nett, als ich ihn kennen gelernt habe.“
Auch hier spreche ich nur über mich selbst. Dieses Mal über meine Meinung, aber auch die tut in diesem Moment nichts zur Sache!
Nicht-emphatisch: Kopf-hoch-Formulierungen
Eine Reaktion, von der viele denken, dass sie empathisch wäre, ist:
„Ach du, das wird schon wieder. Ihr kriegt euch schon wieder ein.“
Diese Kopf-hoch-Formulierungen haben nichts mit Empathie zu tun – auch wenn sie gut gemeint sind. Es ist auch nicht unbedingt falsch, so etwas zu sagen, aber es ist eben nicht empathisch.
Insbesondere, wenn jemand echtes Leid erlebt hat, ist „Kopf hoch, das wird schon wieder!” das Gegenteil von Mitgefühl. Diese Sätze bauen Distanz statt Nähe, weil es so viel heißt, wie: “Stell dich nicht so an, das ist gar nicht nicht so schlimm wie du denkst!“
Nicht-empathisch: recht haben
“Ich habe dir doch immer schon gesagt, dass der ein Depp ist.”
Du hattest recht, du hast es vorher gewusst. Davon habe ich jedoch nichts und es hilft mir nicht. Deswegen ist auch das keine emphatische Reaktion.
Nicht-empathisch: Lösungen anbieten
Eine Methode, mit der besonders Männer gerne versuchen zu helfen, ist, Lösungen anzubieten.
„Du musst dem Kollegen halt mal klar deine Meinung sagen!”
Dieses „Mach’s doch mal so” ist meist liebevoll gemeint, jedoch ebenfalls keine empathische Reaktion. Wenn der andere nach Lösungen fragt, dann machst du ihm deine Vorschläge. Jedoch nicht, wenn er gerade über seine Gefühle spricht!
Empathisch: nach Gefühlen fragen
Was machen wir stattdessen? Wie geht Empathie? Wir bleiben bei unserem Beispiel:
„Oh man, mein Kollege ist so ein Depp! Was für ein mieser Typ!“
Empathie heißt jetzt, nach den Bedürfnissen und Gefühlen unseres Gegenübers zu fragen.
„Du warst richtig sauer in dem Moment, oder?“
„Was löst das in dir aus, wenn sich der Kollege so verhält?”
„Wie geht’s dir jetzt, nach diesem Erlebnis?”
Das alles sind empathische Reaktionen. Das sind Fragen, die auf das Gefühl des anderen abzielen.
Empathisch: Bedürfnisse verstehen
Wir können auch gezielt nach Bedürfnissen fragen, also nach dem, was dem anderen wichtig ist, was Wert für ihn hat und was er braucht.
„Was hättest du dir denn gewünscht in dem Moment?“
„Warst du wütend, weil dir Fairness oder Ehrlichkeit wichtig sind?“
Du kannst auch sagen:
„Was hilft dir jetzt am besten?“
Wenn wir so fragen, helfen wir dem anderen auch dabei, wieder einen Zugang zu seinen eigenen Wünschen zu finden. Und damit bekommt er wieder bessere Laune und kann aus der Opfer-Rolle rauskommen.
Also: Wenn wir empathisch kommunizieren möchten, dann sprechen wir nicht über unsere eigenen Ansichten, Gedanken oder Lösungsansätze, sondern über das, was mein Gegenüber in dem Moment beschäftigt. Mit unseren Fragen können wir auf die Gefühle und Bedürfnisse unseres Gegenübers eingehen. Dadurch erschaffen wir tiefe und starke Beziehungen. Wir können anderen Menschen auf Augenhöhe begegnen und ihnen wirklich helfen.
Probier es gerne aus! Und trage Empathie in deine Welt!