Gemütlich sind sie, die Hosentaschen. Und sie bieten so sicheren Halt in unsicheren Situationen. Kein Wunder, dass viele Menschen vor Publikum die Hände in die Taschen stecken. Warum Sie trotzdem auf diese Haltung verzichten sollten, erfahren Sie im Finale der Reihe “Fünf Typische Fehler auf der Bühne”.
Der Unterschied zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung
Wie schon bei anderen typischen Fehlern auf der Bühne angesprochen: Es gibt einen Unterschied zwischen unserer Selbstwahrnehmung und den Signalen, die andere durch unsere Körpersprache empfangen. Während wir uns selbst ein klein wenig Sicherheit zurückgeben, indem wir bei Aufregung die Hände in die Taschen packen, empfangen unsere Zuschauer durch dieses Verhalten eine ganz andere Botschaft.
1. Gehemmt
Erster Eindruck ist oft: wer mit den Händen in den Taschen spricht, wirkt nicht mehr so lebendig und engagiert. Als hätte jemand ein Ventil zugedreht. Das leuchtet ein, denn wir beschränken unsere Bewegungsfreiheit, unsere Möglichkeit zu Gestikulieren und damit zu Kommunizieren durch die fixierten Hände. Dadurch wirken wir gehemmt.
2. Nicht vertrauenswürdig
Immer wieder höre ich von Teilnehmern an meinen Seminaren, diese Haltung käme ihnen wenig vertrauenswürdig vor, würde ihr Misstrauen wecken. Auch das liegt nahe, denn Hände sind wesentlich für unsere Kommunikation verantwortlich. Wenn ich sie verstecke, signalisiere ich: Ich habe etwas zu verbergen. Der Zuschauer fragt sich unterbewusst: Was macht er mit seinen Händen? Was hat sie da in ihren Taschen? Warum zeigt er mir nicht alles? Überspitzt: Wird mir dieser Mensch vielleicht gefährlich?
3. Passiv
Was Hände in den Taschen vor allem ausstrahlen, ist Passivität. Wenn die Hände nicht mehr “mitreden” dürfen, ziehe ich mich aus der aktiven Kommunikation zurück. Und daraus für den Zuschauer gefühlt auch aus dem aktiven Leben. Diese Haltung sagt: “Ich mache jetzt gar nichts! Ich habe damit nichts zu tun. Und ich will jetzt auch nichts zu tun haben.”
Stellen Sie sich vor, Sie sehen vor Publikum und kündigen mit den Händen in den Taschen den nächsten Redner an. Beispielsweise mit den Worten: “Heute spricht ein Mann zu Ihnen, der viel zu sagen hat.” Nonverbal vermitteln Sie dabei: So spannend ist der auch wieder nicht. Kein Grund, aktiv zuzuhören!
4. Der indifferente Chef
Ich habe noch gut die Reaktion einer Seminarteilnehmerin auf diese Haltung in Erinnerung. Sie erzählte ganz aufgeregt: “Genau so läuft mein Chef immer durch die Büros! Freitags, kurz vorm Wochenende. Und dann sagt er: ‘Und, is noch was?'”.
Bis dahin hatte sie dieses wöchentliche Ritual als merkwürdig indifferent empfunden. Jetzt war ihr klar: Die verbale Kommunikation des Chefs sagt: Braucht ihr noch etwas? Kann ich noch etwas für euch tun? Die nonverbale Kommunikation dagegen macht deutlich: Lasst mich bloß in Ruhe! Ich will jetzt ins Wochenende und ganz bestimmt nichts mehr machen!
Erste Hilfe
Auch für die Hände in den Taschen gilt: Sie können diese Haltung bewusst einsetzen. Wenn sie unterstreicht, was Sie tatsächlich sagen wollen. Falls Sie diese Haltung jedoch nur aus Gewohnheit oder Unsicherheit einsetzen, sollten Sie sich davon lösen. Dann gilt: Hände vor den Körper und über die Gürtellinie.
Falls Ihnen diese Veränderung zu groß vorkommt, kann Ihnen einer dieser drei Vorstufen dabei helfen, die Negativ-Haltung loszuwerden:
- Lassen Sie die Daumen rausschauen, statt die Hände komplett in den Taschen zu versenken.
- Hängen Sie nur noch die Daumen in die Taschen ein und zeigen Sie die anderen vier Finger.
- Nehmen Sie eine Hand raus. Gestikulieren Sie mit dieser Hand.
Extra-Tipp:
Ziehen Sie Kleidung ohne Taschen an! Dadurch zwingen Sie sich zu Alternativen und nehmen den Impuls, die Hände in die Taschen zu stecken, deutlicher wahr.
All das sind Zwischenschritte. Sobald Sie ausreichend Sicherheit gewonnen haben, nehmen Sie beide Hände aus den Taschen! Dadurch vermitteln Sie, dass Sie mit Energie und Tatkraft bei der Sache sind.