Leid und Lebensfreude so nah beieinander.
Am Sonntag war ich im Kino und habe mir die neue Dokumentation „Real Life“ angesehen. Sie handelt von dem an Krebs verstorbenen Philipp Mickenbecker – von seinem unerschütterlichen Gottvertrauen und der Hoffnung, die er inmitten von größtem Leid an andere weitergibt.
Lange Zeit begeistern Philipp und sein Zwillingsbruder Johannes als „Real Life Guys“ Millionen von Zuschauer:innen auf YouTube. Auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs bekommt Philipp zum dritten Mal die erschütternde Diagnose: Lymphdrüsenkrebs. Dieses Mal im Endstadium. Er stirbt am 09. Juni 2021 im Alter von nur 23 Jahren.
Mich hat der Film tief bewegt. Erst im Frühling diesen Jahres habe ich Johannes Mickenbecker auf einem Kongress zum Tod seines Bruders interviewt.
Jeder von uns ist auf unterschiedlichen Ebenen damit konfrontiert, Gespräche mit Menschen zu führen, die eine schwierige Zeit erleben – sei es im Mitarbeiterkontext, im privaten Bereich oder eben auf der Bühne.
Als Interviewerin führe ich solche Gespräche gerne. Mir ist es wichtig, dabei das Schwere und das Schöne nebeneinander stehen zu lassen. Wir müssen den Schmerz und die Trauer nicht auflösen oder beschönigen. Philipps Tod ist eine Tragödie, die großes Leid und viele Fragen hinterlässt.
Und gleichzeitig darf es auch Raum für das Schöne, das Humorvolle geben. Bis zu seinem Tod hat Philipp eine unglaubliche Lebensfreude und Hoffnung ausgestrahlt. Und auch nach dem Tod seines Bruders hat Johannes eine überbordende Begeisterung für Abenteuer und riskante Experimente.
In unserem Leben, im „Real Life“, ist es ja genauso: Das Schwere, das Traurige, das Leid, steht neben dem Schönen, Guten, Lustigen. Es ist wichtig, beidem Raum zu geben und beides nebeneinander stehen zu lassen.
Und: Wir bekommen unser Gegenüber nur dann zu fassen, wenn wir beide Facetten zum Vorschein kommen lassen.